
Es war ein aufopferungsvoller Kampf beider Mannschaften. Nachdem Hard vergangenes Wochenende das erste Halbfinalspiel nach einer ersten Verlängerung für sich entscheiden konnte, mussten die FIVERS nachlegen, um im Rennen um den Finaleinzug zu bleiben.
Nun wird das zweite Halbfinalspiel ausgerechnet durch einen klaren Regelverstoß überschattet. Wie hätte der ÖHB-Delegierte entscheiden müssen – und welche Folgen hat der Fehler? Wird das Spiel tatsächlich wiederholt? Dieser Beitrag liefert eine juristische Ersteinschätzung.
Spielgeschehen
Aus sportlicher Sicht bot das Match ein wahres Handballspektakel. Die Wiener warfen alles in die Waagschale, um ein drittes Entscheidungsspiel zu erzwingen. Hard hingegen zeigte sich über weite Strecken souverän und wollte die Finalqualifikation bereits in dieser Partie fixieren.
Nach regulärer Spielzeit stand es 35:35 – eine Verlängerung musste her. Auch nach der ersten Verlängerung (2 x 5 Minuten) blieb das Spiel weiter unentschieden: 38:38. In der zweiten Verlängerung (2 x 5 Minuten) sah es plötzlich nach einem Vorarlberger Sieg aus: Hard führte 90 Sekunden vor Schluss mit drei Toren (!!). Doch die FIVERS kämpften sich zurück – nach 80 Spielminuten stand es 44:44. Das Spiel musste im 7-Meter-Werfen entschieden werden – denn im „Best-of-Three“-Modus muss aus jeder Partie ein Sieger hervorgehen.
Regelverstoß beim 7-Meter-Werfen
Was dann folgte, sorgt für massiven Wirbel: Der ÖHB-Delegierte entschied sich beim 7-Meter-Schießen für eine falsche Vorgehensweise – ein klarer Verstoß gegen das geltende Regelwerk.
Gemäß den Durchführungs- und Spielbestimmungen des ÖHB für die HLA MEISTERLIGA (Art. III.2.3) ist bei einem unentschiedenen Spielstand im „Best-of-Three“-Modus nach zwei Verlängerungen wie folgt vorzugehen:
Das Spiel wird durch ein Siebenmeterwerfen nach dem EHF-EC-Modus entschieden. Dieser sieht vor, dass jede Mannschaft fünf Werfer nominiert. Die Teams treten abwechselnd an, und das Team mit den meisten Treffern nach jeweils fünf Würfen gewinnt das Spiel. Soweit so gut.
Kommt es auch nach diesen zehn Würfen (fünf pro Mannschaft) zu einem Gleichstand, ist der Modus klar definiert:
Das Siebenmeterwerfen wird „bis zur Entscheidung“ fortgesetzt – im K.O. Verfahren. Verwirft das erstwerfende Team und trifft die gegnerische Mannschaft, ist das Spiel entschieden. Umgekehrt gilt: Trifft das erstwerfende Team und verwirft das zweite, gewinnt die erstwerfende Mannschaft.
Doch genau gegen diese Regel wurde im Halbfinale verstoßen. Der ÖHB-Delegierte ließ den Modus in einer vom Regelwerk abweichenden Weise fortsetzen – ein eindeutiger Regelverstoß, der möglicherweise spielentscheidend war und nun ein Nachspiel hat. Nicht nur auf der Tribüne herrschte Verwirrung – auch am Spielfeld liefen Trainer und Schiedsrichter zusammen und zeigten sich verwundert – doch der Delegierte dürfte alle Akteure über seine „präferierte Vorgehensweise“ informiert haben.
FIVERS legen Protest ein – Schriftstück bei ÖHB ist noch ausständig
Unmittelbar nach dem Spiel erklärten die FIVERS, dass sie Protest gegen die Spielentscheidung einlegen. Das Vorgehen erfolgt auf Basis von § 5.5.3 der ÖHB-Bestimmungen. Ein Protest muss unverzüglich, spätestens unmittelbar nach Spielende angekündigt werden – was die FIVERS nach Angaben auch taten.
Die formelle Begründung – eine schriftliche Darstellung des Regelverstoßes – muss innerhalb von zwei Werktagen beim ÖHB-Sekretariat einlangen, also spätestens am Donnerstag, 22. Mai.
Am Mittwochmorgen bestätigte die HLA, dass der Protest eingelegt wurde. Auf Anfrage von Handball Mission Media teilte der ÖHB am Mittwoch um die Mittagszeit mit, dass das offizielle Schriftstück noch ausständig sei – ein Einlangen sei jedoch noch bis Ende der Frist möglich. Danach würde die Entscheidung des ÖHB Handballgerichts „möglichst schnell erfolgen“.
Droht eine Spielwiederholung?
Die entscheidende Regel findet sich in § 5.6.2 der ÖHB-Bestimmungen:
„Wird ein Spiel überhaupt nicht oder regelwidrig abgewickelt, so ist in Fällen höherer Gewalt oder bei erwiesener Schuldlosigkeit beider Mannschaften ein neuer Termin festzusetzen.“
Da im vorliegenden Fall ein klarer, dokumentierter Regelverstoß vorliegt und davon auszugehen ist, dass weder die FIVERS noch Hard schuldhaft gehandelt haben, könnte eine Spielwiederholung die logische und rechtlich gebotene Folge sein.
Eine Spielwiederholung würde sicherstellen, dass die Entscheidung über den Finaleinzug unter Einhaltung der verbindlichen Regeln und unter fairen Bedingungen fällt. Gerade in einer so wichtigen Phase wie dem Halbfinale einer Playoff-Serie ist die Einhaltung der Spielordnung unerlässlich, um die sportliche Integrität zu wahren.
Was unserer Meinung nach, aus juristischer Sicht zunächst eindeutig erscheint – nämlich die Wiederholung des Spiels – stellt in der Praxis eine erhebliche Herausforderung dar. Laut Spielplan soll das erste Finalspiel bereits in der kommenden Woche (30.05) stattfinden. Das bedeutet:
Würde der ÖHB dem Protest der FIVERS stattgeben und eine Wiederholung der Partie anordnen, müsste diese Wiederholung noch vor dem angesetzten Finalstart ausgetragen werden. Sollte den FIVERS dann ein Sieg gelingen, wäre sogar eine dritte Halbfinalpartie erforderlich, was den Zeitplan zusätzlich belastet. Möglicherweise müsste dann auch das Finalspiel verschoben werden.
Diese Termindrucksituation wirft Fragen auf, wie der Verband organisatorisch und juristisch mit dem Konflikt umgehen wird.
Das Handballgericht des ÖHB steht nun, wenn sie das Schriftstück der FIVERS erreicht, vor der Aufgabe, zeitnah eine verbindliche Entscheidung zu treffen.
Fazit
Der offizielle Regelverstoß beim 7-Meter-Werfen im zweiten Halbfinalspiel zwischen FIVERS WAT Margareten und dem ALPLA HC HARD wirft viele Fragen auf – vor allem, wie der ÖHB mit dieser Situation umgehen wird. Die klare Regelung zur Wiederholung von Spielen bei regelwidriger Abwicklung bietet den FIVERS Hoffnung auf eine zweite Chance – für Hard wäre ein solches Vorgehen nach den gestrigen Jubelrufen natürlich besonders bitter.
Die Margaretner zeigen sich dennoch fair – sie gratulieren Hard zum Sieg, hoffen jedoch auf eine Entscheidung des Handballgerichts, das eine faire Lösung präsentieren soll.
